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Das Menschenrecht auf Inklusive Bildung verwirklichen

Ein Erfolg der Roter-Rucksack-Kampagne von Oliver Kaczmarek

Der Rote Rucksack des heimischen Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek ist inzwischen weit über die Grenzen des Wahlkreises Unna I hinaus bekannt. In ihm nimmt Kaczmarek Anregungen aus Veranstaltungen vor Ort nach Berlin mit. „Ein konkreter Erfolg der Kampagne war heute Thema der Debatte im Deutschen Bundestag“, berichtet Kaczmarek. In seiner Funktion als zuständiger Berichterstatter für Inklusive Bildung hat er den Antrag „Das Menschenrecht auf Inklusive Bildung in Deutschland endlich verwirklichen“ für die SPD-Bundestagsfraktion erarbeitet. „Deutschland ist bislang weit entfernt, das Recht auf Bildung für Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen.

Anfang des Jahres 2012 hatte in Bergkamen im Rahmen der Roter-Rucksack-Kampagne ein Werkstattgespräch für Inklusive Bildung stattgefunden. Dabei ging es darum, gemeinsam mit Praktikern und Vertretern aller politischen Ebenen Eckpunkte für einen Fahrplan zur Inklusiven Bildung zu vereinbaren. Die erarbeiteten Vorschläge hatte Kaczmarek mit nach Berlin genommen und in den Antrag zur Inklusiven Bildung einfließen lassen. „Für das Frühjahr 2013 ist eine erneute Veranstaltung geplant, um den aktuellen Stand des Erreichten zu überprüfen“, verspricht Kaczmarek. In der Zwischenzeit hatte der Abgeordnete viel Praxiswissen im Wahlkreis angesammelt, so bei Tageshospitationen in heimischen Schulen aller Art und in den Hellweg-Werkstätten. Dementsprechend finde sich „jede Menge Kreis Unna“ in dem Antrag der SPD wieder. Dieser ist nach erster Beratung in die zuständigen Ausschüsse des Bundestages überwiesen worden und wird 2013 nach erneuter Beratung im Bundestag abgestimmt.

Die SPD-Bundestagsfraktion versteht Inklusion als eine Aufgabe für alle Etappen und Bereiche des Bildungswesens – von der frühkindlichen Bildung über Schule und Berufsein-stieg bis hin zu Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen. Einstiege sind zu ermögli-chen, Übergänge im Bildungswesen dürfen nicht weiter Selektionsstufen bleiben. Inklusion liegt damit auch in der Zuständigkeit aller staatlichen Ebenen, einschließlich der Kommu-nen. Sie sollen gemeinsam ihrer Verantwortung in einem Pakt für Inklusion gerecht werden.

Rede: Das Menschenrecht auf Inklusive Bildung

Am 09. November 2012 hat Oliver Kaczmarek in der Debatte zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und zum Antrag der SPD „Das Menschenrecht auf Inklusive Bildung in Deutschland endlich verwirklichen“ im Plenum des Deutschen Bundestages geredet:

Herr Präsident,

meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

vor Ort wird die Diskussion über Inklusion derzeit vor allem rund um Bildungsfragen geführt. Dabei werden viele Sorgen, Hoffnungen und nicht selten auch Ängste deutlich

  • Welche Kita ist die richtige? Welche Schule? Was passiert nach der Schule? Wie bekomme ich einen Studienplatz?
  • Aber auch: Reicht meine Ausbildung für Inklusion? Wer hilft meinem Kind? Was passiert mit meinem Arbeitsplatz?

Das zeigt die Dimension und Herausforderung für unser Bildungswesen: Inklusion betont Individualität. Inklusion meint, Verschiedenheit ist der Normalfall. Und genau das bricht mit der Logik des Sortierens und Aussiebens, die wir noch zu oft im deutschen Bildungswesen vorfinden.

Deshalb weist Inklusion weit über die isolierte Betrachtung von Handicaps einzelner Menschen hinaus. Sie ist ein Entwurf für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.

Ich glaube, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention tatsächlich eine der größten Herausforderungen ist, die sich unserem gesamten Bildungswesen derzeit stellt. Sie ist eine Aufgabe, die nur im nationalen Maßstab sinnvoll bewältigt werden kann.

Wir müssen Verantwortung vor allem dort stärken, wo Inklusive Bildung umgesetzt wird, in den Städten und Gemeinden. Die SPD will deshalb einen Pakt für Inklusive Bildung zwischen Bund, Ländern und Kommunen schmieden.

Der Bund darf sich nicht darauf beschränken, die Konvention zu ratifizieren. Er muss mit anpacken, wenn es um die Umsetzung und die Qualität geht! Denn wer die Länder und Kommunen nicht alleine lassen will, der darf vor dem Kooperationsverbot nicht kapitulieren! Bund, Länder und Kommunen müssen das zusammen angehen und auch deshalb muss das Kooperationsverbot in der Bildung endlich aufgehoben werden.

Inklusive Bildung ist eine Aufgabe für alle Etappen einer Bildungsbiografie und alle Institutionen des Bildungswesens. Der Grund liegt auf der Hand: überall im Bildungswesen gibt es talentierte Menschen mit einer Behinderung. Und es ist unsere Aufgabe, das System so gut wie möglich darauf einzurichten, dass es ihnen gerecht wird.

Ich kann hier nur zwei Beispiele nennen:

  1. Inklusive Bildung und individuelle Förderung brauchen mehr Zeit. Deshalb schlagen wir vor, ein neues Bundesprogramm aufzulegen, mit dem die Anzahl der Ganztagsschulen wieder deutlich ansteigt. Gut ausgestattete Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung sind elementare Bedingungen für inklusive Bildung. Das Geld wäre dafür allemal sinnvoller angelegt als für den Unsinn Betreuungsgeld.
  2. Das gilt auch und besonders für die Chancen junger Menschen beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Wir brauchen spezielle Maßnahmen zur Berufsorientierung und zur Ersteingliederung. Die Initiative Inklusion ist ein erster Schritt dazu. Wir müssen aber grundsätzlich auch arbeitslosen behinderten Menschen Zugang zu allen Instrumenten des SGB II und SGB III zielgruppenspezifisch und in ausreichender Anzahl ermöglichen. Deshalb darf man nicht dort kürzen, wo die Schwächsten betroffen sind. Die Kürzungen der Bundesregierung bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik treffen auch Menschen mit Behinderung direkt und indirekt und treffen damit die Inklusion insgesamt!

Wir reden oft über Strukturen und institutionelle Übergänge, wenn wir über inklusive Bildung sprechen. Dabei dürfen wir eins nicht übersehen: das Herzstück gelungener Inklusion sind motivierte und engagierte Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter, Heilpädagogen, Ausbilder, Sonderpädagogen. Wir müssen sie nicht nur besser qualifizieren und begleiten. Wir brauchen sie alle als Profis für Inklusive Bildung!

Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir Betroffene zu Beteiligten machen. Menschen mit Behinderung müssen den Prozess hin zur Inklusiven Bildung auf Augenhöhe mitgestalten können, damit nichts über sie ohne sie entschieden wird. Gleichberechtigte Teilhabe meint auch gleichberechtigte Mitbestimmung!

Ich bin überzeugt: Wenn es uns gelingt, die Philosophie inklusiver Bildung als Idee des Zusammenlebens von Menschen zu verwirklichen; wenn es uns gelingt, dass alle mitmachen und motiviert sind, dann bin ich sicher, dass Inklusive Bildung unserem gesamten Bildungswesen einen enormen Entwicklungsschub geben kann.