Mehr Geld für Hochschulen – Aufstockung des Hochschulpakts

Am 17. April 2013 hat Oliver Kaczmarek in der Aktuellen Stunde auf Wunsch der Koalitionsfraktionen zur Aufstockung des Hochschulpaktes im Plenum des Deutschen Bundestages geredet:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob das, was Sie gerade vorgetragen haben, Frau Canel, mit den Erfahrungen, mit der Alltagswelt der Menschen in Übereinstimmung zu bringen ist, was die Situation der Ausbildung im ganzen Land angeht, was die neuen Studierenden empfinden, was sich in der U-3-Betreuung abspielt usw. Insofern nützt es uns nichts, wenn wir hier Parallelwelten konstruieren.

(Beifall des Abg. Swen Schulz (Spandau) (SPD))

Vielmehr müssen wir uns auf die Dinge konzentrieren, die am vergangenen Wochenende in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz beschlossen worden sind, und sie realistisch bewerten.

Zwei Dinge sollten wir aus meiner Sicht gemeinsam betonen: Erstens ist jetzt wirklich gewährleistet, dass für die Länder zusätzliche Studienanfänger tatsächlich zusätzliches Geld bedeuten. Das wird fließen; das ist gut so. Zweitens ist es politisch gelungen, eine Lösung für ein Problem zu finden, und zwar gemeinsam, durch Bundesregierung und Bundesländer. Ich finde, das muss hier betont werden; denn das ist ein gemeinsamer Erfolg. Dazu passt nicht der konstruierte Bund-Länder-Widerspruch, von dem ich hier zum Teil gehört habe.

(Beifall bei der SPD)

Die Hochschulen können jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass junge Menschen ihr Studium aufnehmen – zum Teil haben sie das schon gemacht -, und bekommen dafür auch die entsprechenden Gelder. Sie können in neue Stellen, Lehrräume und Hörsäle investieren. Aber zu einem guten

Studium gehört noch mehr ‑ ich will dem, was mein Kollege Swen Schulz schon genannt hat, noch einen Aspekt anfügen ‑: Dazu gehören auch Wohnheime, Mensen und vieles mehr. Deswegen ist die Forderung nach einem Pakt für die soziale Infrastruktur, wie sie beispielsweise vom Deutschen Studentenwerk erhoben wird, auch kein Beiwerk, sondern ein wichtiges Element einer guten Hochschulpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein Argument nennen: Wenn wir auch Studierenden aus den sogenannten bildungsfernen Milieus eine faire Chance geben wollen, dann müssen die sozialen Rahmenbedingungen geregelt sein. Dann muss es eben auch Wohnheime, Beratung, BAföG und vieles mehr geben. Das dürfen wir nicht allein dem Markt oder den Eltern überlassen.

Es ist gut, dass die Länder den Druck auf den Bund aufrechterhalten haben, seinen Finanzierungsanteil am Hochschulpakt den realen Bedingungen anzupassen. Die Opposition hatte das hier bereits einige Male gefordert; an diese Debatten werden Sie sich erinnern. Dieses Angebot zu machen, ist kein Gnadenakt und auch keine formale Pflicht, sondern eine Frage des Verständnisses von Partnerschaft auf Augenhöhe im Hochschulpakt. Man schließt eine solche Vereinbarung doch in dem Bewusstsein, dass man ein Problem nur gemeinsam lösen kann. Deshalb ‑ und weil die Lage in den Ländern schon lange absehbar war ‑ war es eben auch höchste Eisenbahn, dass der Bund ein angemessenes Angebot gemacht hat.

Ich muss sagen, dass die Vorhaltungen, Ermahnungen und Unterstellungen, die ich hier zum Teil gegenüber den Ländern gehört habe, der Koalition aus meiner Sicht nicht ansteht; denn das spiegelt nicht die realen Verhältnisse wider.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nehmen Sie doch bitte auch zur Kenntnis und sagen Sie das auch laut ‑ mein Kollege Ernst Dieter Rossmann hat gerade schon darauf hingewiesen ‑, dass die Länder jährlich mit allein gut 20 Millionen Euro zur Grundfinanzierung der Hochschulen beitragen.

(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das ist ihre Aufgabe!)

Laut dem Nationalen Bildungsbericht ‑ auch Ihnen liegt er vor ‑ werden etwa zwei Drittel sämtlicher Kosten im tertiären Bereich durch die Länder getragen und 18 Prozent durch den Bund.

(Albert Rupprecht (Weiden) (CDU/CSU): Verfassung lesen!)

Die Länder sind mit Abstand der Hauptlastenträger.

(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Das ist ihr Job!)

Die schwarz-gelbe Koalition sollte nicht so tun, als wäre sie der Taktgeber dieser Finanzierung. Etwas mehr Bescheidenheit gegenüber den Ländern würde Ihnen an dieser Stelle gut zu Gesicht stehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Tankred Schipanski (CDU/CSU))

Es ist jedoch unbestritten, dass die Länder bei der Finanzierung von Bildungsaufgaben an ihre Grenzen stoßen; das wurde hier schon erwähnt.

Deshalb weist der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz zu Recht auf ein Grundproblem hin, wenn er beschreibt, dass einige Länder ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Ich zitiere Herrn Hippler:

Daher fordert die HRK seit langem eine Grundgesetzänderung, damit der Bund direkt und nachhaltig die Grundfinanzierung der Hochschulen ergänzen kann.

Deshalb appelliere ich an Sie: Hören Sie auf die Praktiker! Machen Sie einen neuen, einen ergänzten Vorschlag für eine Grundgesetzänderung! Es geht nicht allein um die Finanzierung von sogenannten Leuchttürmen. Es geht um eine solide, eine gemeinsame Finanzierung der Basis für die Breiten- und die Spitzenqualifizierung an den Hochschulen. Wenn ein entsprechender konstruktiver Vorschlag vorliegt, werden wir uns ihm sicherlich nicht verschließen.

(Beifall bei der SPD ‑ Uwe Schummer (CDU/CSU): Sprechen Sie für NRW?)

– Natürlich, auch für Nordrhein-Westfalen. Wie Sie sicherlich wissen, hat Ministerpräsidentin Kraft selbst vorgeschlagen, einen Art. 104 c in das Grundgesetz einzufügen. Natürlich unterstützt das Land Nordrhein-Westfalen diesen Vorschlag.

Zweifellos hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, Bund und Länder, in der vergangenen Woche wichtige und notwendige Beschlüsse gefasst. Aber diese Beschlüsse bedeuten noch nicht, dass alles getan ist, um gute Studienbedingungen herzustellen, und zwar dauerhaft. Vor allem muss aus unserer Sicht der Bund früher und kooperativer mit den Ländern die Probleme erkennen und verhandeln. Deswegen geht es jetzt darum, frühzeitig mit den Ländern über die dritte Förderphase, die ab 2016 beginnt, zu verhandeln, damit für einen längeren Zeitraum planbare finanzielle Grundlagen geschaffen werden können. Man kann nur hoffen, dass der Geist der realen Verhandlungen, die dann stattfinden werden, wieder etwas konstruktiver sein wird als teilweise diese Debatte hier.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

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Das Video zu meiner Rede finden Sie hier.

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