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Tschernobyl und Fukushima – Zur Sitzungwoche vom 25.-29.4.2016

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Diese Woche jährte sich am 26. April zum 30. Mal die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Am 11. März diesen Jahres waren außerdem fünf Jahre seit dem Atomunglück in Fukushima Daiichi vergangen.

Zu diesem Anlass lud die SPD-Fraktion Vertreterinnen und Vertreter aus zahlreichen Unterstützungsinitiativen und -vereinen ein, um Danke zu sagen für ihr Engagement. Mit ihrer Arbeit haben sie für viele Menschen die Folgen der Katastrophen erträglicher gemacht, etwa indem Erholungsreisen für Kinder organisiert, der Ausbau der medizinischen Versorgung von Strahlungsopfern und die Arbeit der sogenannten „Liquidatoren“, den Helfern erster Stunde nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, unterstützt wurden.

Gemeinsam mit der Union hat die SPD zudem einen Antrag zum Thema eingebracht, in dem wir zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Risiken der Atomkraft und weiterer Unterstützung der durch Reaktorkatastrophen betroffenen Menschen aufrufen. Einer dieser Menschen ist Alexander Antonowitsch, der mich am kommenden Montag in Unna besucht. Sein Vater war einer der Liquidatoren, der in Tschernobyl unter immensem persönlichen Einsatz half, die Katastrophe in den Griff zu bekommen. Ihm gilt stellvertretend für alle Liquidatoren sowie für alle Unterstützerinnen und Unterstützer der internationalen Solidarbewegung mein tief empfundener Dank und große Anerkennung. Das habe ich auch in meiner Rede im Plenum des Bundestages gesagt.

Zum Thema Energie- und Umweltpolitik gab es diese Woche in Berlin anlässlich einer Gesetzesinitiative der Grünen zum Verbot des Fracking kontroverse Debatten. Näheres dazu sowie zu anderen Themen der Woche habe ich in diesem Infodienst aufbereitet.

 

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

PS: Hier noch meine Videobotschaft zum 30. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe: https://youtu.be/9CVycGFJ-kc


 

  1. SPD legt Gesetzentwurf zur Abschaffung des Straftatbestandes „Majestätsbeleidigung“
  2. Stahlindustrie in Deutschland und in Europa stärken
  3. Abstimmung über Fracking im Bundestag
  4. Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2015
  5. Veranstaltungen zum 1. Mai im Kreis Unna

Oliver Kaczmarek in den Vorstand der deutsch-belarussischen Gesellschaft gewählt

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Der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek wurde am vergangenen Dienstag als Beisitzer in den Vorstand der deutsch-belarussischen Gesellschaft (dbg) gewählt. Die dbg fördert seit 1999 die deutsch-belarussische Verständigung durch Veranstaltungen, Publikationen und Vernetzungen.

„Es gibt auf zivilgesellschaftlicher Ebene einen intensiven Austausch zwischen Deutschland und Belarus, ob im Rahmen von Tschernobyl-Initiativen oder in kulturellen, sportlichen und historisch-politischen Austauschprogrammen. Dieses Engagement gilt es weiter zu stärken und zu unterstützen“, so Kaczmarek.

Der Bundestagsabgeordnete engagiert sich bereits seit vielen Jahren im Bereich der zivilgesellschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Belarus und unterstützt das Engagement der Tschernobyl-Initiativen in seinem Wahlkreis.  Seit einigen Jahren ist er Kuratoriumsmitglied des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks in Dortmund und seit 2014 Vorsitzender der Deutsch-Belarussischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag.

 

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Europäische und deutsche Politik gegenüber Belarus

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Die Neugier auf den „Neuen“ war groß und der Saal am Pariser Platz in Berlin am Dienstagabend gut gefüllt. Die deutsch belarussische gesellschaft e.V. (dbg) und die die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hatten zu einer Diskussion über die „Europäische und deutsche Politik gegenüber Belarus“ in die Räumlichkeiten der Commerzbank direkt am Brandenburger Tor eingeladen.  Bei dieser Gelegenheit stellte sich Oliver Kaczmarek als neuer Vorsitzender der Deutsch-Belarussischen Parlamentariergruppe den Belarus-Interessierten vor. Begrüßt von Dr. Ewald Böhlke (DGAP) und moderiert von Prof. Dr. Rainer Lindner (dbg) gewährte Kaczmarek zunächst ganz persönliche Einblicke in seine Beziehung zu Belarus, die in einem deutsch-belarussischen Partnerschaftsprojekt bei den Jungsozialisten in NRW ihren Anfang genommen hatte und sich später vor allem in der Tschernobyl-Hilfe fortsetzte.

Davon ausgehend entfaltete sich schnell eine rege Diskussion, die von der europäischen und deutschen Außenpolitik, über zivilgesellschaftlichen Austausch, Tschernobyl-Solidarität und historische Aussöhnung und Verständigung bis zu Fragen von Visaliberalisierung und Bologna-Prozess führte. Die Entwicklungen im Nachbarland Ukraine und ihre Auswirkungen auf Belarus und die Region spielten dabei eine besondere Rolle. Die politische Situation, die in Belarus geprägt ist von gravierenden Demokratiedefiziten und Menschenrechtsverletzungen, hat sich in den letzten Jahren nicht zum Positiven entwickelt. Vor diesem Hintergrund machte Kaczmarek deutlich, dass ihm die Zusammenarbeit mit und die Unterstützung der Zivilgesellschaft ein besonderes Anliegen ist.

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Tschernobyl-Unglück jährt sich zum 28. Mal

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Anlässlich des 28. Jahrestages des Reaktorunglücks von Tschernobyl am 26. April 2014 erinnert der Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek (SPD) an die Opfer der bis heute größten atomaren Katastrophe in der Geschichte.

Von dem Unglück waren rund neun Millionen Menschen direkt betroffen. Weite Gebiete der heutigen Ukraine sowie von Belarus und Russland wurden unbewohnbar – bis heute leiden Anwohner in vielen Regionen unter den Folgen der atomaren Strahlung. Kaczmarek hebt besonders die Leistung der Katastrophenhelfer hervor:„Mit ihrer Arbeit haben sie dazu beigetragen, dass die Reaktorkatastrophe sich nicht noch weiter über Europa ausbreiten konnte.“ Die sogenannten Liquidatoren würden daher zu Recht „die Retter Europas“ genannt. Für ihr Engagement haben sie einen hohen Preis bezahlt.

Von der Situation in den betroffenen Gebieten konnte sich Oliver Kaczmarek bei Reisen in die Ukraine und nach Belarus selbst ein Bild machen. Sein Engagement für die Hinterbliebenen der Katastrophe und seine Unterstützung für die Tschernobyl-Hilfe in Deutschland will er als Vorsitzender der Deutsch-Belarussischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag fortsetzen. Im Juni reist er erstmals in dieser neuen Funktion nach Minsk. Mit auf die Reise geht eine Miniatur der Skulptur, die in Kamen auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt zum Gedenken an die Opfern der Tschernobyl-Katastrophe errichtet wurde. Diese wird Kaczmarek in Minsk an belarussische Partner übergeben.

Die Arbeiterwohlfahrt erinnert am Samstag in Kamen mit einer Kerzenaktion an den Jahrestag des Reaktorunglücks. Ab 10:00 Uhr verteilt die AWO unter Beteiligung von Oliver Kaczmarek auf dem Alten Markt Kerzen, die dort um 19:00 Uhr entzündet werden.

Tschernobyl und Fukushima: Gefahr durch Strahlung wird noch immer nicht ernst genug genommen

Anlässlich des 27. Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und der öffentlichen Anhörung hierzu im Umweltausschuss erklären der atompolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Marco Bülow und Oliver Kaczmarek, Mitglied im Ausschuss für Bildung und Forschung:

Wir gedenken den tausenden Opfern der Atomkatastrophe von Tschernobyl. Leider wird die Zahl der Opfer auch mehr als 27 Jahre danach wohl noch steigen, denn die Folgen von Strahlung werden erst langfristig in ihrer gesamten Dimension sichtbar werden. Auch unter den Folgen der Strahlung durch den GAU in Fukushima werden noch viele Menschen in Japan leiden müssen. Die Sachverständige Frau Dr. Siedentopf von IPPNW (Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung) sprach in der öffentlichen Anhörung von zu erwartenden 20.000-120.000 zusätzlichen Krebserkrankungen. Schon jetzt weisen über 40 Prozent von 133.000 untersuchten Kindern in der Region Fukushima Zysten und Knoten in der Schilddrüse auf. Die Folgen auch von niedriger Strahlung würden noch immer unterschätzt, dabei würde diese nachweisbar zu Zellschädigungen und Mutationen führen.

Die Aussagen der Sachverständigen in der Anhörung des Umweltausschuss bestätigten die Befürchtung, dass die von radioaktiver Strahlung ausgehende Gefahr noch immer nicht ernst genug genommen wird. So ist die Situation in Tschernobyl nach Aussagen des Sachverständigen Wladimir Kuznetsov, Direktor des Nuklear- und Strahlungssicherheits-Programms von Green Cross Russland und zehn Jahre Ingenieur in Tschernobyl, nach wie vor gefährlich. Durch den Super-GAU, Brände und weitere Harvarien sind viele Bauteile des AKW sehr belastet worden. Die Probleme werden aber aus Geldmangel nicht beseitigt. Der alte Sarkophag weißt Undichtigkeiten auf und der neue ist noch nicht fertig. Herr Kuznetsov fordert eine unabhängige Kontrolle der Arbeiten in Tschernobyl. Ansonsten würden die Maßnahmen mit Sicherheit nicht so ausgeführt und Gelder würden nicht so verwendet werden wie es nötig wäre. Deutschland solle sich an einer solchen Kontrolle beteiligen.

Unverständlicherweise sind in Russland noch immer elf Reaktoren des Tschernobyl-Typs in Betrieb. Herr Kuznetsov berichtete, dass der russische Betreiber Rosatom nach Fukushima zwar alle Atomkraftwerke überprüft habe, diese Überprüfung habe aber lediglich zwei Wochen gedauert und das Resultat ergeben, dass alles in Ordnung sei und ein Unfall wie in Fukushima in Russland nicht passieren könne. Wladimir Kuznetsov, der als einziger Techniker bis Oktober 2012 im Beirat von Rosatom saß, erklärte, dass er dort keinerlei technische Informationen erhalten habe, um die Situation in den AKW beurteilen zu können. Das von ihm geschilderte mangelnde Bewusstsein in Russland und der Ukraine für die Gefahren der Atomenergie ist äußerst besorgniserregend.

Die falsche Einschätzung der Gefahren der Atomenergie in anderen Teilen der Welt sollte die Bundesregierung sensibel machen. Statt Verantwortung zu übernehmen, ist ihr Vorgehen nach dem in Deutschland beschlossenen Atomausstieg hauptsächlich von Desinteresse geprägt. Die SPD-Bundestagsfraktion fordert die Bundesregierung daher auf, sich weltweit stärker für AKW-Sicherheit und die Beendigung der Nutzung von Atomenergie einzusetzen. Darüber hinaus möchten wir all jenen ehrenamtlichen Organisationen in ganz Europa danken, die sich auch heute noch für die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl engagieren; sie verdienen unsere höchste gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung.

Tschernobyl darf nie vergessen werden! – Bericht von einer Reise in die Ukraine

Auch 26 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ist es wichtig, an die Opfer und die Betroffenen zu erinnern. Das war auch das Ziel einer Dienstreise in die Ukraine, die ich am vergangenen Wochenende zusammen mit meinem Hagener Kollegen René Röspel absolviert habe. Im Mittelpunkt stand dabei die Gesichte und die derzeitige Lage der Liquidatoren, die beim Reaktorbrand und bei den Sicherungsarbeiten im havarierten Atomkraftwerk und in der Umgebung eingesetzt wurden.

Ich kann mich noch an die Fernsehbilder vor 26 Jahren erinnern, auf denen zu sehen war, wie Menschen im Laufschritt  eine Minute lang in rasender Geschwindigkeit Sand in den brennenden Reaktor schütteten oder Schutt wegräumten. Mit dieser Arbeit haben sie dazu

beigetragen, dass die Reaktorkatastrophe sich nicht noch weiter über Europa ausbreiten konnte. Die Liquidatoren werden daher auch zu Recht die Retter Europas genannt. Ihnen ist ein Teil der Ausstellung „Tschernobyl: Menschen – Orte – Solidarität“ gewidmet, die im letzten Jahr auch in Kamen gezeigt wurde. Der Wunsch der Liquidatoren war, diese Ausstellung zu übersetzen und auch in Belarus und in der Ukraine zu zeigen. So soll auch in diesen Ländern an die Katastrophe und an die Opfer und Betroffenen erinnert werden, die heute oftmals ihre Ansprüche an Rente und medizinische Versorgung in ihren Heimatländern nicht erfüllt bekommen. Deshalb war auch die Eröffnung der Ausstellung in Kiew die erste Station der Dienstreise. Dort habe ich folgende Rede zur Eröffnung gehalten:

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete der Verchowna Rada,
sehr geehrter Herr Botschafter Dr. Heimsoeth,
sehr geehrter Herr Gouverneur Prisanschnjuk,
lieber Peter Junge-Wentrup,
sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank auch im Namen meines Kollegen René Röspel für die Einladung zur Eröffnung der Ausstellung „Tschernobyl: Men-schen, Orte, Solidarität“ und für die Gelegenheit, als Mitglieder des Deutschen Bundestages einige Worte an Sie richten zu können.

In diesen Tagen werden in ganz Europa zahlreiche Aktivitäten stattfinden, die an die Katastrophe von Tschernobyl vor 26 Jahren erinnern werden. Sie erinnern an die größte Technikkatastrophe in der europäischen Geschichte, an die Opfer und an die vielen Liquidatoren, Ärzte und Freiwillige, die sich gegen die Katastrophe gestemmt haben. Getragen werden diese Aktivitäten von Menschen, die sich im Ehrenamt bis heute für die Tschernobyl-Hilfe engagieren. Diese Menschen sorgen dafür, dass Tschernobyl nicht vergessen wird. Sie helfen ganz konkret in den Städten und Dörfern in der Ukraine und Belarus, die bis heute betroffen sind. Sie sind die Gründer der größten europäischen Solidaritätsbewegung! Diesen Menschen in ganz Europa gilt unser besonderer Dank für ihr großes Engagement. Tschernobyl ist in Deutschland ein Ereignis, das die Politik verändert hat. Mein Kollege René Röspel und ich waren 1986 15 und 21 Jahre alt. Wir können uns noch gut daran erinnern, wie es damals zuerst hieß, es könne vielleicht einen Unglücksfall in einem sowjetischen Atomkraftwerk gegeben haben, wie sich die radioaktiven Niederschläge dann bis nach Deutschland ausgebreitet haben und wie zum Schluss klar wurde: hier hat sich eine unfassbare Katastrophe mit vielen Opfern und Betroffenen ereignet.

Ich erinnere mich noch an Fernsehbilder, auf denen Menschen im Laufschritt den Reaktorbrand zu löschen versuchten, Bauschutt räumten und später den Sarkophag errichteten. Ich habe erst später verstanden, dass sie sich einer unsichtbaren Gefahr ausgesetzt haben, nämlich der lebensgefährlichen radioaktiven Strahlung. Alle leiden noch heute daran. Viele sind mittlerweile an den Folgen dieses Einsatzes gestorben. Und doch wäre die Katastrophe ohne diese Männer und Frauen, so undenkbar das auch scheinen mag, noch schlimmer ausgefallen. Sie haben mit ihrem Einsatz größeren Schaden verhindert und damit auch ein weiteres Übergreifen auf ganz Europa. Ihre Arbeit hat Millionen Menschen in ganz Europa geschützt – auch mich ganz persönlich und meinen Kollegen René Röspel. Für diesen heldenhaften Einsatz sind wir ihnen zu tiefem Dank verpflichtet. Sie werden zu Recht die Retter Europas genannt.Es ist uns eine Ehre, dass wir morgen in Kharkiv die Gelegenheit haben werden, der Opfer am Denkmal für die Liquidatoren zu gedenken.

Für meinen Kollegen und mich war das Unglück von Tschernobyl auch der Zeitpunkt, wo unsere Haltung zur Atomenergie entschieden wurde. Deutschland ist in dieser Hinsicht einen anderen Weg als viele Staaten in Europa gegangen. Seit dem Jahr 2000 will Deutschland den Energiedurst ohne Atomenergie stillen. Seit Fukushima im letzten Jahr ist dieser Weg unumkehrbar und im Jahr 2022 wird das letzte Atomkraftwerk in Deutschland stillgelegt. Italien, Belgien, die Schweiz und Österreich steigen ebenfalls aus der Atomenergie aus oder sind schon ausgestiegen. Über 80% der Menschen in Deutschland stimmen dieser Politik zu.Es ist nun eine der größten politischen Aufgaben, Strom aus anderen Quellen produzieren zu können. Wegen des Klimawandels setzen wir dabei insbesondere auf Sonne, Wind und Wasser. Weit über 300.000 Menschen haben in diesen Bereichen in Deutschland bereits eine Arbeit gefunden. Fast 20 % des Energiebedarfs werden heute aus diesen Quellen gedeckt. Bis 2050 soll der Energiebedarf sollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.Deutschland hat das ehrgeizige Ziel, Industrienation ohne Atomkraft zu sein und sucht dabei die Zusammenarbeit mit allen Freunden in Europa. Wir setzen das Leitmotiv des IBB um: aus der Geschichte lernen. Deshalb ist der Atomausstieg für uns ein so wichtiges Thema.

Aus der Geschichte lernen heißt aber auch, die europäische Solidaritätsbewegung nach Tschernobyl zu unterstützen. Beispiellos ist das Engagement der vielen Tschernobyl-Gruppen in ganz Europa. Hier engagieren sich Menschen für Menschen. Sie tun dies aus Überzeugung und mit der Kraft des Ehrenamtes – besser als jeder Staat das organisieren könnte. Das verdient nicht nur die Anerkennung sondern auch die Unterstützung der Gemeinschaft. Und so ist es vor allem dem IBB zu verdanken, dass in Deutschland die vielen Tschernobyl-Gruppen immer wieder zusammenfinden und die Ausstellung, die wir heute eröffnen, auch in 49 Städten gezeigt werden konnte. Dem IBB gebührt daher auch heute ein ganz besonderer Dank für seine Arbeit.

Denn eines dürfen wir nicht vergessen: die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat sich vor 25 Jahren ereignet. Aber die Folgen sind immer noch aktuell. Wir dürfen Tschernobyl nie vergessen, weil wir die Opfer und die Betroffenen nicht vergessen dürfen. Sie leben auch 26 Jahre danach nicht nach, sondern mit Tschernobyl.Für uns ist es daher auch heute hier in Kiew und morgen in Kharkiv besonders wichtig, mit Menschen zu reden, die die Katastrophe miterlebt haben und die als Liquidatoren beteiligt waren. Wir wollen wissen, wie sie die Katastrophe erlebt haben und wie es ihnen heute geht. Es ist uns wichtig, alles das zu erfahren. So bleibt die Solidarität lebendig.

Unser Besuch als Mitglieder des Deutschen Bundestags soll daher auch ein Zeichen sein, dass die deutsche Politik Tschernobyl nicht vergisst und dass wir die Solidarität weiter unterstützen werden.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

Im weiteren Verlauf der Reise haben wir die Universitätsstadt Charkow im Osten der Ukraine besucht. Dort wird mit Hilfe des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks Dortmund eine Geschichtswerkstatt für die Liquidatoren eröffnet. Dort erhalten die Liquidatoren einen Ort, an dem sie sich austauschen , ihre Geschichte erzählen und aufbewahren, sich gegenseitig beraten und Ausstellungen zeigen können. Im Laufe der Zeit wird dort ein Treffpunkt entstehen, der die Aufarbeitung der Geschichte mit der Selbsthilfe der Liquidatoren verbindet.

Des Weiteren standen Kranzniederlegungen für die Opfer von Krieg und Faschismus sowie am Tschernobyl-Ehrenmal in Charkow auf dem Reiseprogramm, an der die Öffentlichkeit und die ukrainischen Medien zahlreich teilnahmen.

In den nächsten Tagen wird europaweit der Opfer der Reaktorkatastrophe gedacht. Am 26. April, dem 26. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl, finden in zahlreichen Städten Europas Kerzenaktionen zur Erinnerung statt. Auch in Kamen wird von der Arbeiterwohlfahrt eine solche Aktion durchgeführt. Treffpunkt ist um 19 Uhr auf dem Alten Markt. Am 28. April um 14 Uhr wird dann im SportCentrum Kaiserau ein neues Mahnmal für die Tschernobyl-Opfer enthüllt. Im Anschluss werde ich ausführlich über meine Reise berichten. Damit gehört Kamen zu einem europäischen Netzwerk von 112 Städten in ganz Europa, die im Rahmen des Tschernobyl-Netzwerks solche Veranstaltungen durchführen. Ich hoffe, dass wir mit der Ausstellung im vergangenen Jahr einen Startschuss gesetzt haben, das Tschernobyl-Netzwerk dauerhaft in Kamen und im ganzen Kreis Unna enger zu knüpfen. Denn Tschernobyl darf auch bei uns nicht vergessen werden. Die Opfer müssen noch viele Jahrzehnte mit den Folgen von Tschernobyl leben.

 

Hier einige Impressionen von der Reise:

Ein Stück Kamen in der Ukraine. Geschenk der Kamener Tschernobyl-Aktiven an Geschichtswerkstatt in Charkow überreicht

Ein Miniaturschiff als Zeichen der Verbundenheit zwischen Kamen und Charkow in der Ukraine schmückt seit Samstag die neu eröffnete Geschichtswerkstatt für die Tschernobyl-Liquidatoren. Gestiftet hat es die Tschernobyl-Hilfe des AWO-Stadtverbandes Kamen. Überreicht wurde das Geschenk vom heimischen Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek bei der Eröffnung der Einrichtung in Charkow.


Walery Risovannyi (2. von links), Oliver Kaczmarek und René Röspel (rechts außen) mit weiteren Liquidatoren in Charkow bei der Übergabe des Geschenks aus Kamen. 

Vor einem Jahr fand im SportCentrum Kaiserau die Ausstellung „25 Jahre nach Tschernobyl: Menschen – Orte – Solidarität“ statt. Fast 1.000 Menschen, insbesondere Schulklassen aus dem ganzen Kreis Unna, haben diese Ausstellung besucht. Dabei hatten sie auch die Gelegenheit, mit Zeitzeugen der Katastrophe zu reden. Einer von ihnen war Walery Risovannyi, der als Soldat auf dem Gelände des havarierten Atomkraftwerks für Kartierungsarbeiten zuständig war und die radioaktive Strahlung auf dem Gelände gemessen hat. Risovannyi gehört zu den Initiatoren der Geschichtswerkstatt für Liquidatoren in seiner Heimatstadt Charkow im Osten der Ukraine. Dort sollen ehemalige Liquidatoren Raum für gegenseitigen Austausch und Hilfen im Alltag haben. Finanziert wurde das Projekt aus deutschen Mitteln unter der Leitung des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks in Dortmund. Zur Einweihung der Einrichtung ist Oliver Kaczmarek mit seinem Hagener Kollegen René Röspel in die Ukraine gereist. Dort überreichte er das vom Kamener Künstler Raimund Kasper gestaltete Schiff. Es stammt aus einer von Jürgen Schlegel koordinierten Aktion der Arbeiterwohlfahrt, die damit im vergangenen Jahr Geld für den Aufenthalt der „Kinder von Tschernobyl“ gesammelt hat.

Risovannyi und die anderen Liquidatoren bedankten sich für die Solidarität aus Deutschland: „Es ist bewegend für uns, dass die Menschen in Deutschland immer wieder daran erinnern, dass es uns noch gibt, und mit uns solidarisch sind.“ Sein Aufenthalt in Kamen ist ihm noch in guter Erinnerung und er hofft, einmal zurückzukehren und wieder mit jungen Menschen über seine Geschichte und die Katastrophe von Tschernobyl zu reden.


Kranz der beiden Bundestagsabgeordneten zum Gedenken an die Opfer der Tschernobyl-Katastrophe am zentralen Mahnmal der Stadt Charkow.

Auf dem Programm der Reise von Oliver Kaczmarek stand zudem die Eröffnung der Ausstellung „Tschernobyl: Menschen – Orte –  Solidarität – Zukunft“ in der Lutherkirche in Kiew. Nachdem diese in 50 Städten in Deutschland gezeigt wurde, darunter Kamen, geht sie nun auf Rundreise durch Weißrussland und die Ukraine. „Wir erinnern uns in diesen Tagen an die Katastrophe von Tschernobyl vor 26 Jahren am 26. April 1986. Durch die Arbeit der Liquidatoren wurde ein noch schlimmeres Übergreifen auf ganz Europa verhindert. Sie haben ihr Leben riskiert, um uns zu schützen, und werden daher zu Recht als die Retter Europas bezeichnet. Den Dank dafür auszusprechen, ist auch 26 Jahre nach Tschernobyl wichtig“, so Oliver Kaczmarek.

Kamen ist mittlerweile ein fester Fleck auf der Landkarte der europaweiten Tschernobyl-Aktivitäten. Neben der Ausstellung im vergangenen Jahr, den von der AWO organisierten Aufenthalten der Tschernobyl-Kinder sowie der Partnerschaft der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Methler mit Kostenovichy in Weißrussland, finden auch in diesem Jahr wieder Gedenkaktionen statt. Am 26.4. werden um 19 Uhr Lichter gegen das Vergessen entzündet und am 28.4. findet die Enthüllung eines neuen Denkmals für die Opfer von Tschernobyl im SportCentrum Kaiserau statt, in deren Rahmen Kaczmarek ausführlich über seine Reise in die Ukraine berichten wird. Damit gehören die Kamener Initiativen zu den etwa 30 Städten in Deutschland und insgesamt 112 Städten in Großbritannien, Spanien, Polen, Weißrussland und der Ukraine, die in das europäische Tschernobyl-Netzwerk eingebunden sind.

Zum ersten Jahrestag der Katastrophe von Fukushima am 11. März 2011 – Atomdebatte noch lange nicht beendet

Kamener Tschernobyl-Ausstellung wird bald auch in Kiew gezeigt

Ein Jahr nach der tragischen Katastrophe von Fukushima sind noch immer nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen worden. Der heimische Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek mahnt: „Das schlimme Schicksal tausender Japaner sollte uns dazu ermahnen, alles zu tun, dass so etwas nicht noch einmal passieren kann! Um dies sicherzustellen, müssen wir so schnell wie möglich komplett raus aus der Atomenergie und vollständig auf sichere und saubere Erneuerbare Energien umstellen. Seit Union und FDP aus purer Wahlkampftaktik den erneuten Atomausstieg beschlossen haben, ist von der Bundesregierung nichts mehr zu diesem dringenden Thema zu hören gewesen.“

Kaczmarek hatte bereits im vergangenen Jahr anlässlich des 25. Jahrestages der Atomkatastrophe von Tschernobyl vehement für die Dringlichkeit der Energiewende geworben, und zudem die Ausstellung „25 Jahre Tschernobyl: Menschen – Orte – Solidarität“ in Kamen zusammen mit den beiden Kirchen, der Arbeiterwohlfahrt sowie der DGB-Jugend initiiert. Im April wird Kaczmarek zur Eröffnung derselben Ausstellung, die auch in Kamen gezeigt wurde, in die Ukraine reisen. Darüber hinaus sind der Besuch von Solidaritätsprojekten in Kiew und Charkov sowie Gespräche mit politischen und ehrenamtlichen Akteuren geplant.

In diesem Zusammenhang wird es auch um die notwendigen Lehren aus der Atomkatastrophe von Fukushima gehen. „Die aktuelle Entwicklung in Deutschland ist erschreckend“, beklagt Kaczmarek. „Schwarz-Gelb beschleunigt die Energiewende nicht, sondern bremst sie aus. Wie wenig Überzeugung hinter dem Vorgehen der Bundesregierung steckt, zeigt das fehlende Engagement, den Atomausstiegsgedanken konsequent weiter zuführen. Es wird weder die Abschaltung grenznaher Uraltreaktoren wie in Frankreich oder Tschechien gefordert noch gegen AKW-Neubauten in Nachbarländern Einspruch erhoben. Man lebt weiter mit dem alten Euratom-Vertrag, der die Förderung der Atomenergie als Ziel hat, statt sich für einen europaweiten Atomausstieg einzusetzen. Die Spitze der Doppelmoral: Man schaltet in Deutschland Reaktoren aus Sicherheitsgründen ab und will gleichzeitig mit 1,3 Milliarden Euro an deutschen Steuergeldern den Bau eines AKW in Brasilien absichern, das in einer Erdrutschregion liegt und nicht ansatzweise deutschen Sicherheitskriterien entsprechen wird.“

„25 Jahre nach Tschernobyl“: Impressionen der Austellungswoche in Kamen.

Vom 30. April bis zum 06. Mai 2011 besuchten rund 1000 Gäste die Ausstellung „25 Jahre nach Tschernobyl. Menschen – Orte – Solidarität“ im SportCentrum Kamen. Neben der Ausstellung und den Zeitzeugengesprächen gab es ein umfangreiches Rahmenprogramm, wie beispielsweise eine Mahnwache am Alten Markt in Kamen zum 25. Jahrestag der Katastrophe in Tschernobyl. Einige Momentaufnahmen vom gesamten Programm haben wir für Sie zusammengefasst.

25 Jahre leben mit Tschernobyl

Am 26. April gedenken die Menschen in ganz Europa der Opfer der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Es ist schon ein tragischer Zufall, dass zur gleichen Zeit, 25 Jahre nach Tschernobyl, auf der anderen Seite des Globus in Fukushima, wieder Menschen von den Auswirkungen eines havarierten Atomraftwerkes betroffen sind. Ausgerechnet in dem Land, das schon die Folgen der beiden Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki verkraften muss.

Vor 25 Jahren war vieles ähnlich wie in Fukushima heute. Das wahre Ausmaß der Katastrophe wird nur scheibchenweise klar und die Betroffenen werden schlecht durch die Betreiber informiert. Ich erinnere mich noch daran, wie nach der Explosion im Block 4 des Atomkraftwerkes von Tschernobyl in der heutigen Ukraine einige Zeit unklar war, was genau passiert war. Es war die späte Zeit des Kalten Krieges und Informationen sickerten nur tröpfchenweise durch. In Deutschland fürchtete man sich irgendwann vor die Niederschlag aus einer radioaktiven Wolke und in Teilen Byerns wurden erhöhte Werte von Radioaktivität gemessen. Es wurde vor dem Verzehr von bestimmten Nahrungsmitteln und vor dem Spielen in Sandkästen gewarnt. Wenn man sich vor Augen führt, was wir 1986 mit Tschernobyl erlebt haben, dann ist es umso unverständlicher, dass viele Menschen diesen Unfall nur 25 Jahre danach schon wieder verdrängt hatten – bis Fukushima kam.

Die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl konnten sich dieses Vergessen nicht leisten. Sie leben bis heute mit den Folgen der radioaktiven Strahlung. Rund um das ehemalige Atomkraftwerk ist dauerhaftes menschliches Leben im Prinzip nicht möglich und nahezu alle der 600.000 sog. Liquidatoren, ihre Nachkommen nud Bewohner der Gegenden, in denen der radioaktive Fallout niedergegangen ist, leiden bis heute unter schweren Erkrankungen, die durch die radioaktive Strahlung hervorgerufen wurden. Tschernobyl ist eine europäische Katastrophe. Nicht nur, weil viele Länder Europas davon betroffen waren, sondern auch, weil die Menschen, die mit schlechter Ausrüstung in den Reaktor oder auf die Sarkophag-Baustelle geschickt wurden, auch dafür gekämpft haben, dass sich das Unglück nicht noch weiter auf Europa ausweiten konnte. Sie werden deshalb zu Recht oft als die „vergessenen Retter Europas“ bezeichnet.

Die Lehren aus Tschernobyl sind klar: es ist die Mahnung, endlich aus der Hochrisikotechnologie Atomkraft auszusteigen. Die Debatte über die Energiewende ist in Deutschland voll im Gange. Nach Fukushima erscheint es unmöglich, mit Atomkraft weiter zu machen. Schlimm, dass uns vor einem halben Jahr noch von den Befürwortern der Atomenergie, etwas anderes gesagt wurde. Und das trotz der Erfahrung mit Tschernobyl!

Doch Tschernobyl mahnt insbesondere auch die Opfer an. Für sie bedeutet 25 Jahre Tschernobyl nicht den Rückblick auf etwas Vergangenes sondern für sie heißt es seit 25 Jahren „Leben mit Tschernobyl“. Und das vermutlich auch noch für viele weitere Jahre und Jahrzehnte. Deshalb verdient die Arbeit der vielen ehrenamtlich tätigen Menschen, die sich unter großen Mühen in Belarus und der Ukraine für die Opfer der Katastrophe engagieren, höchsten Respekt und Anerkennung. Sie sind die Begründer einer einzigartigen Solidaritätsbewegung Europas. In meiner Rede im Deutschen Bundestag zu diesem Thema habe ich einige Themen aufgemacht, die wir politisch dabei beachten sollten. Das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk in Dortmund, eine Art Knotenpunkt für viele deutsche Tschernobyl-Gruppen, verfolgt weitere, längerfristige Ideen, die auch mit dem Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen in Belarus verbunden sind.

So wie Tschernobyl nicht endet, endet auch das Atomzeitalter leider nicht. Noch viele Tausend Jahre werden wir mit den radioaktiven Lasten der Atomenergie leben müssen. Weltweit gibt es noch kein einziges sicheres Endlager für Tonnen radioaktiven Mülls. Es endet aber hoffentlich bald das Zeitalter, in dem Strom in Atomkraftwerken produziert wird. Deutschland muss hier vorangehen. Wir können zeigen, dass es in einer hoch industrialisierten Gesellschaft gelingt, ohne Atomstrom für Arbeit und Wohlstand zu sorgen. Wenn wir damit vorangehen, dann werden andere schnell nachkommen und erst dann hätten wir zumindest einen wichtigen Teil der Mahnung von Tschernobyl umgesetzt.

Die Ausstellung „25 Jahre Tschernobyl – Menschen, Orte, Solidarität“ im SportCentrum Kamen-Kaiserau ist noch bis zum 6. Mai von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Anmeldungen für Gruppen nimmt mein Bürgerbüro in Unna gerne entgegen.