Rettungsschirm für die FDP – Zur Sitzungswoche vom 7.-11. November 2011

Für mehr als 6 Milliarden Euro hat die schwarz-gelbe Koalition am vergangenen Sonntag einen Schutzschirm für die FDP aufgespannt. Die sogenannten Steuererleichterungen haben eine sehr geringe Wirkung für Menschen, die ein geringes Einkommen haben. Erste Schätzungen des Bundes der Steuerzahler belegen es: Die für 2013 angekündigte Steuerabsenkung von zwei Milliarden Euro bringt demzufolge für einen Geringverdiener 1,40 Euro im Monat. Wer hingegen den Spitzensteuersatz erreicht, bekommt 9,60 Euro im Monat. Hier wird mit der Gießkanne ein Milliardenbetrag über alle Einkommensgruppen so verteilt, dass die dicksten Tropfen auch noch bei den Besserverdienern ankommen. Hinzu kommt, dass dem Bund und den Ländern Milliarden für dringend notwendige Investitionen, die wirklich allen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen würden, entzogen werden. Diese Mittel sind Steuersenkungen auf Pump und das während sich ganz Europa in einer Schuldenkrise befindet.

Was den Geringverdienern wirklich hilft, das wäre der gesetzliche Mindestlohn. Er würde mehr als fünf Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern endlich wenigstens das Minimum an Einkommen bringen, das die Bedürftigkeit vermeidet. Der Mindestlohn würde den Steuerzahler um Milliarden entlasten, weil er nicht mehr Dumpinglöhne subventionieren müsste. Er würde zugleich Kaufkraft und Binnennachfrage nennenswert stärken. Beim gesetzlichen Mindestlohn hat die CDU vor ihrem Parteitag eine vieldeutige Ankündigung gemacht. FDP und zahlreiche Unionsvertreter lehnen den Mindestlohn ab, einzelne CDU-Vertreter sind dafür. Wer es ernst meint mit dem Mindestlohn, der kann ein Gesetz einbringen, so wie es die SPD bereits gemacht hat. doch im nachprüfbaren Handeln trennt sich die Spreu vom Weizen.

Diese und weitere Themen habe ich in diesem Infodienst zusammen gefasst.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

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Die Themen:

1. Rettungsschirm für die FDP – was Schwarz-Gelb beschlossen hat

2. Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts
3. Verkehrspolitik neu ausrichten
4. Finanzmarktregulierung

Rettungsschirm für die FDP – was Schwarz-Gelb beschlossen hat

1. Steuerpolitik
Die schwarz-gelbe Koalition hat beschlossen, die Einkommensteuer in zwei Schritten senken zu wollen: In dieser Legislaturperiode zum 1. Januar 2013 um 2 Mrd. Euro. Für die Zeit nach den nächsten Bundestagswahlen sollen zum 1. Januar 2014 dann weitere 4 Mrd. Euro folgen.

Viel mehr weiß man bisher nicht. Es wurde aber bekannt, dass die Einkommensteuersenkung durch Anhebungen des Grundfreibetrages und Tarifverschiebungen, bei denen die bisherigen Steuersätze erst für ein höheres Einkommen gelten, erfolgen soll. In 2013 soll der Grundfreibetrag um 110 Euro angehoben und eine Tarifverschiebung um 1,4 Prozent vorgenommen werden. In 2014 soll der Grundfreibetrag dann um weitere 240 Euro und der Tarif um 3 Prozent verschoben werden. Dazu hatte das Verfassungsgericht die Regierung verpflichtet. Außerdem sollen auch künftig bei verfassungsrechtlich gebotenen Anpassungen des Grundfreibetrages an das steuerlich zu verschonende Existenzminimum Tarifverschiebungen vorgenommen werden. Um eine Ländermehrheit im Bundesrat für die Steuersenkungen zu gewinnen, soll der Bund zwei Drittel der Ausfälle finanzieren und damit im Vergleich zu der ansonsten geltenden Verteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden größere Mindereinnahmen tragen.

Begünstigung von Beziehern höherer Einkommen
Die geplanten Steuersenkungen begünstigen die Bezieher höherer Einkommen. Bei einem Alleinstehenden (Lohnsteuerklasse I) mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 15.000 Euro beträgt die Entlastung nach der zweiten Stufe 2014 im Jahr 101 Euro. Demgegenüber erhält ein Steuerpflichtiger (ebenfalls Lohnsteuerklasse I) mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 56.000 Euro eine mehr als dreimal so hohe Entlastung von 364 Euro jährlich. Die geplanten Steuersenkungen führen bei Geringverdienern nur zu einer verschwindenden Entlastung.

Finanzierung auf Pump
Die Steuermindereinnahmen werden die bereits vorgesehene Neuverschuldung weiter erhöhen und widersprechen damit den Bekenntnissen von Schwarz-Gelb zur Haushaltskonsolidierung. Auch die Steuerschätzung rechtfertigt keine Steuersenkungen. Die prognostizierten Steuerzuwächse sind größtenteils auf die bislang gute Konjunktur zurück zu führen. Gemäß den Vorgaben der Schuldenbremse müssen sie zur Reduzierung des konjunkturell bedingten Teils des Haushaltsdefizits verwandt werden und eröffnen deshalb keine Spielräume für dauerhafte Steuersenkungen.

2. Betreuungsgeld
Die Koalition hat beschlossen: Ab dem Jahr 2013 soll ein so genanntes „Betreuungsgeld“ im zweiten Lebensjahr eines Kindes in Höhe von 100 Euro gezahlt werden. Für die nächste Legislaturperiode werden ab 2014 150 Euro im zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes versprochen. Die Kosten dafür werden 2 Mrd. Euro für den Bundeshaushalt betragen.

Kinder werden von Bildung ausgeschlossen

Zum Betreuungsgeld ist seit Jahren alles gesagt: Als Fernhalte-Prämie ist es ein bildungspolitischer Rückschlag, weil es einen Anreiz für Eltern setzt, Kinder von früher Förderung in Kitas abzuhalten. Das Betreuungsgeld ist ein gleichstellungspolitischer Holzweg, weil es gegen eine frühe Rückkehr von Frauen in den Beruf gerichtet ist. Das Betreuungsgeld verschwendet Milliarden von Steuergeldern, die für den vor sich hin dümpelnden Kitaausbau fehlen.

3. Pflege
Eine wirkliche Pflegereform wird es mit Schwarz-Gelb nicht geben. Nach Beschluss der Koalition steht bei den Leistungen für Demenzerkrankte nur der Finanzrahmen von 1,1 Milliarden Euro fest. Die Koalitionsfraktionen treffen sich wahrscheinlich in dieser Woche, um ein Eckpunktepapier zu entwickeln. Ein Referentenentwurf soll bis Dezember erarbeitet sein. Die erhöhten Leistungen könnte es ab Mitte 2012 geben. Wie die Leistungsverbesserungen genau aussehen, ist noch nicht klar. Spekuliert wird, dass man die Leistungen für niedrigschwellige Betreuungsangebote erhöht oder aber auch den jetzigen Leistungskatalog flexibler ausgestaltet. Dann könnten Pflegedienste nicht nur die klassischen Pflegeleistungen (z. B. Morgen-, Abendtoilette) anbieten, sondern auch Betreuung (z. B. spazieren gehen, vorlesen).

Keine nachhaltige Finanzierung
Die geplante Beitragssatzsteigerung von 0,1 Beitragssatzpunkten zum 1. Januar 2013 dient ausschließlich der Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben. Eine nachhaltige Finanzierung ist nicht erkennbar. Denn der bisherige Beitragssatz wird voraussichtlich nur bis zum Jahr 2014 ausreichen, um die Leistungen zu finanzieren. Eine weitere Beitragssatzanhebung ist also unausweichlich.

Währenddessen hat sich die Koalition vom Ziel verabschiedet, einen Kapitalstock für die Pflege aufzubauen. Das ist zu begrüßen. Zur Gesichtswahrung der FDP ist aber eine staatliche Förderung für eine freiwillige private Vorsorge vereinbart worden, deren Kosten nicht näher beziffert sind. Wahrscheinlich liegen sie im Milliardenbereich, ohne dass diejenigen, die auf zusätzliche Absicherung angewiesen sind, davon profitieren werden. Die einzigen Profiteure sind die privaten Versicherungsunternehmen.

Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts

Den fünfzigsten Jahrestag des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens nimmt die SPD-Bundestagfraktion zum Anlass für ein Bekenntnis zur doppelten Staatsangehörigkeit. Wir wollen klare Regelungen. Wir wollen Integration im Hier und Jetzt. Deshalb möchten wir die doppelte Staatsangehörigkeit zulassen. Das gilt auch und vor allem für hier geborene Kinder.

Wir wollten ihnen schon 2000 die doppelte Staatsangehörigkeit geben. Doch gegen die Mehrheit der CDU und CSU im Bundesrat konnten wir nur einen Kompromiss durchsetzen: Das Optionsverfahren. Wird ein Kind ausländischer Eltern in Deutschland geboren, erwirbt es die deutsche Staatsangehörigkeit. Wenn es volljährig wird, muss es sich zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit seiner Eltern entscheiden. Das Optionsmodell belastet die Betroffenen ebenso wie die Behörden. Zum einen ist es ein Bürokratie-Monstrum, das die Verwaltungen unnötig beschäftigt. Zum anderen behindert es die Integration. Es bringt Jugendliche in einen Loyalitätskonflikt. In Deutschland sind sie geboren, hier leben sie ihr Leben. Gleichwohl fühlen sich viele den kulturellen Traditionen des Herkunftslandes ihrer Eltern verpflichtet. Das bringt sie
ohne Not in Identitätskonflikte. Belässt man ihnen beide Staatsangehörigkeiten, wird dieser Konflikt aufgelöst. Und, noch wichtiger: Sie können wählen und gewählt werden.

Unser Gesetzentwurf schafft das Optionsmodell ab. Hier geborene Kinder ausländischer Eltern erwerben die deutsche sowie die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern. Sie können beide Staatsangehörigkeiten dauerhaft behalten, ohne sich für eine der beiden entscheiden zu müssen. Eingebürgerte sollen ihre alte Staatsangehörigkeit behalten dürfen. Der regelmäßige Voraufenthalt wird von acht auf sieben Jahre verkürzt. Zeiten der Duldung oder Aufenthaltsgestattung werden angerechnet. Privilegierungsgründe, die den erforderlichen Voraufenthalt verkürzen, werden geändert. Die Sprachanforderungen und der Einbürgerungstest werden für Kinder, Jugendliche, ältere Menschen sowie Analphabeten angepasst. Die Privilegierung der Ehegatten wird auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner ausgeweitet.

In namentlicher Abstimmung hat die schwarz-gelbe Mehrheit das Gesetz im Bundestag abgelehnt.

Den Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/007/1700773.pdf

Verkehrspolitik neu ausrichten

Die EU-Kommission hat im März ihre Strategie „Verkehr 2050“ mit dem Weißbuch “Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum“ vorgelegt. Damit wird ein grundlegender Strukturwandel eingeleitet, der Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Soziales miteinander verbindet. Die Ziele im Umwelt- und Klimaschutz, bei der Energieeffizienz im Verkehr und regenerativen Energieformen sind zu unterstützen. Die Maßnahmenvorschläge der EU-Kommission für ein wettbewerbsorientiertes und umweltfreundliches, effizientes Verkehrssystem sollen den europäischen Wirtschaftsraum stärken und Arbeitsplätze schaffen. Allerdings ist ungeklärt, wie der festgestellte Investitionsbedarf gedeckt werden soll.

In ihrem Antrag fordert die SPD-Bundestagfraktion die Bundesregierung auf, sich bei der EU-Kommission für die nationalen Belange der Infrastrukturentwicklung und der Fortentwicklung des europäischen Verkehrsraumes einzusetzen. Bei der Formulierung von Verordnungen und Gesetzen muss darauf geachtet werden, dass die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung Nationalstaaten beachtet werden. Die nationale Verkehrspolitik und Verkehrsplanung soll mit europäischen Zielen abgestimmt und für den Neustart einer integrierten Verkehrspolitik genutzt werden. Die Verfolgung von Klimaschutzzielen und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit müssen dabei in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen.

Den Antrag der SPD-Bundestagfraktion finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/071/1707177.pdf

Finanzmarktregulierung

Die Finanz- und Schuldenkrise in Europa bestimmt weiterhin die Politik. In der jetzigen Krise rächt sich, dass seit dem Zusammenbruch der Banken 2008 in der Substanz nichts erreicht wurde, um die spekulativen Risiken der Finanzwirtschaft einzudämmen. Der Gipfel der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer von Cannes am 3. und 4. November hat wieder keine greifbaren Fortschritte gebracht. Bereits getroffene Absichtserklärungen wurden noch einmal mit einer Absichtserklärung bestätigt. Keine Konkretisierung, kein Aktionsplan, keine Umsetzungsschritte, vor allem wieder kein Durchbruch bei der Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer.

Am Freitag dieser Woche hat der Bundestag über die Lage der Finanzmarktregulierung beraten. In ihrem Antrag fordert die SPD-Bundestagfraktion die Bundesregierung auf, den Finanzsektor krisenfest zu machen. Banken müssen ihre Eigenkapitalquoten steigern und ihre Verschuldung begrenzen. Dividenden auf zukünftige Gewinne sollen nicht mehr ausgeschüttet, sondern zur Verbesserung der Eigenkapitalbasis verwandt werden. Das Eigenhandelsgeschäft in Investment- und Schattenbanken ist vom Kredit- und Einlagengeschäft der Geschäftsbanken zu trennen. Eine europäische Bankenaufsicht soll die Markttransparenz erhöhen. Hochspekulative Finanzmarktprodukte und der Hochfrequenzhandel müssen reguliert und schädliche Finanzmarktprodukte europaweit verboten werden. Ein europäisches Insolvenzverfahren für grenzüberschreitend tätige Finanzinstitute ist notwendig. Durch eine Finanztransaktionssteuer sollen Banken an den Kosten der Krise beteiligt werden. Wenn sie nicht innerhalb der Europäischen Union einzuführen ist, dann in der Eurozone oder gemeinsam mit gleichgesinnten Staaten. Schließlich sollen sich Managergehälter am langfristigen Unternehmenserfolg orientieren und nur begrenzt steuerlich absetzbar sein.

Den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion finden Sie unter:
http://dip.bundestag.de/btd/17/076/1707641.pdf

Erinnerung an Tschernobyl wach halten mit Blick in die Zukunft

25 Jahre nach Tschernobyl – Vertreter von Hilfsinitiativen in Europa schmieden Pläne beim Netzwerktreffen in Schwerte

Schwerte/Kreis Unna. 06.11.2011. Die Erinnerung an den Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 soll auch in den kommenden Jahren mit kreativen Aktivitäten und Zeitzeugen-Gesprächen in vielen Städten in Deutschland und Europa wach gehalten werden: Beim Netzwerktreffen „Energie (sch) wenden)“, zu dem das IBB Dortmund am Wochenende, am 5. und 6. November 2011, in die Katholische Akademie in Schwerte eingeladen hatte, ging es um den Rückblick auf die Erfahrungen mit der Wanderausstellung „25 Jahre nach Tschernobyl – Menschen – Orte – Solidarität“ und um Pläne für die Zukunft. „Auch und gerade nach Fukushima muss die Arbeit weitergehen“, sagte Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB Dortmund. „Tschernobyl darf nicht vergessen werden! Wir brauchen die Energiewende europaweit.“

„Viele Jugendliche hatten das Wort Tschernobyl noch nie gehört“, berichteten Vertreter der Trägerkreise und lobten noch einmal die Ausstellung. Sie vermittelte auf nur zwölf Multimedia-Tafeln viele Fakten und Denkanstöße zum Reaktorunfall in der Ukraine und transportierte die Erinnerung in rund 50 Städte. Am 11. November 2011 endet die letzte Ausstellung in Bochum.

Oliver Kaczmarek, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Kamen, besuchte das Netzwerktreffen auch in seiner Funktion als Vertreter des Trägerkreises Kamen, der die Ausstellung vom 30. April bis 8. Mai in der Sportschule Kaiserau gezeigt hatte. „Das Gedenken an die Reaktorkatastrophe und die Solidarität mit den Betroffenen muss auch bei der Energiewende weitergehen“, sagte er vor rund 80 Zuhörern. „Wir müssen die Energiewende zu einem europäischen Anliegen machen.“

Zuvor hatten Oliver Haack, Vertreter der Stiftung Mercator, und IBB- Vorsitzender Matthias C. Tümpel die engagierte Arbeit der 47 Trägerkreise ausdrücklich gelobt. Die Zusammenschlüsse verschiedener örtlicher Gruppierungen hatten jeweils Zeitzeugen aus der Ukraine und Belarus an den Ausstellungsorten aufgenommen und insgesamt rund 870 Zeitzeugengespräche ermöglicht. Die Gesprächstermine wurden besonders von Schulklassen und Konfirmandengruppen mit großer Begeisterung aufgenommen. „Es war gut, dass wir die Ausstellung vor Fukushima gesehen haben“, zitierte ein Trägerkreis eine Rückmeldung: „Wir waren dadurch gut informiert und konnten das Unglück in seiner Tragweite besser einschätzen.“

Für das kommende Jahr planen die Trägerkreise und Mitglieder des European Chernobyl Network (ECN) dezentrale Aktivitäten für den Zeitraum vom 22. bis 29. April 2012. Kerzenaktionen und Zeitzeugen-Gespräche sollen das verbindende Element sein. Das IBB Dortmund vermittelt die Zeitzeugen und Experten.

(v.l.) MdB Oliver Kaczmarek, Jürgen Schlegel (Trägerkreis Kamen), Dr. Astrid Sahm, Direktorin der IBB „Johannes Rau“ in Minsk, Jörg Theis (Trägerkreis Kamen) und Peter Junge-Wentrup, Geschäftsführer des IBB vor einer der Ausstellungstafeln beim Netzwerktreffen in der Katholischen Akademie Schwerte.

Bundesregierung beschließt Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht zum Nachteil der Kommunen

Der Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek zur Abstimmung im Deutschen Bundestag für eine Neuordnung der Abfallwirtschaft

„Das heute im Bundestag durch CDU/CSU und FDP verabschiedete Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts geht zu Lasten der Kommunen, deswegen lehnt die SPD-Bundestagsfraktion dieses Gesetz ab.“, so der heimische Bundestagsabgeordnete Oliver Kaczmarek zur Abstimmung im Deutschen Bundestag über das entsprechende Gesetz.

„Entgegen der Behauptung der Bundesregierung und des Bundes-umweltministeriums, bevorzugt das Gesetz private Entsorgungsunternehmen. Daran ändert auch ein zuletzt vorgelegter Kompromissvorschlag von Umweltminister Norbert Röttgen nichts: die Regelungen zu Lasten der Kommunen bleiben erhalten. Unter anderem wollen Schwarz-Gelb und die private Entsorgungswirtschaft die geplante Wertstofftonne unter dem Deckmantel der Herstellerverantwortung allein in die Zuständigkeit privater Unternehmen legen.“, so Kaczmarek weiter. In den Wertstofftonnen sollen künftig alte Handys und andere Elektrogeräte entsorgt werden können.

„Das führt unserer Meinung nach dazu, dass die Kommunen die unattraktiven Reststoffe entsorgen müssen und die privaten Entsorger sich die gewinnbringenden Materialien herauspicken können. Letztendlich würde dies zu zusätzlichen Kosten für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger führen, den Abbau dortiger Arbeitsplätze beschleunigen sowie höhere Gebühren für die Bürger bedeuten“, erklärt der Bundestagsabgeordnete.

„Die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich klar für die Zuständigkeit der Kommunen für den gesamten Hausmüll und gegen eine Ausweitung der gewerblichen Sammlung aus.“

Schuldenkrise in Europa – Zur Sitzungswoche vom 24.-28. Oktober 2011

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Erneut hat der Bundestag in dieser Woche eine wichtige Entscheidung zur Schuldenkrise im Euro-Raum getroffen. Nach der Grundsatzentscheidung über den kurzfristigen Rettungsschirm EFSF und dessen Umfang vor drei Wochen ging es in dieser Woche um die Wirkungsweise dieses Mechanismus. Details dazu finden Sie in diesem Info-Dienst.

Der Bundestag hat dazu in einem gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen eine Linie für die Verhandlungen auf dem Europäischen Rat und dem Euro-Gipfel am Mittwoch aufgezeigt und die Regierung beauftragt, so in Brüssel zu verhandeln.

Der Umgang der Regierung mit dem Parlament war erneut mehr als kritikwürdig. Zunächst sollte der Bundestag gar nicht mit der Problematik befasst werden. Dann wurden Informationen vorenthalten und danach nur tröpfchenweise weiter gegeben. Solch ein Umgang macht der Opposition nicht nur die Arbeit sondern auch die Unterstützung mehr als schwer. Dass wir als SPD dennoch nach intensiver Diskussion zugestimmt haben, ist auf mehrere Grüne zurückzuführen.

Zum einen haben Regierung und Koalition eine Vielzahl von Positionen, für die die SPD nun schon seit eineinhalb Jahren eintritt, übernommen. Wäre sie früher zu der Erkenntnis gekommen, hätte der Bundestag auch früher und besser entscheiden können. Zum anderen gibt es zwei klare Erwartungshaltungen, die wir auch als Opposition zu beachten haben. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa und es ist deshalb wichtig, welches Signal der Bundestag aussendet. Und die SPD ist die größte Partei in der europäischen Sozialdemokratie. Für alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Europa ist es deshalb wichtig, dass die SPD ein verlässlicher Partner in der Europa-Politik ein verlässlicher Partner bleibt.

Es gibt zudem eine berechtigte Erwartungshaltung der Öffentlichkeit an die Politik. Überall habe ich klar gespürt, dass in der Euro-Frage niemand erwartet, dass die SPD der Regierung ein Bein stellt, sondern dass alle Parteien im Bundestag gemeinsam zu einer vernünftigen Entscheidung kommen, damit die Politik endlich Handlungsfähigkeit beweist und sich den Spekulanten auf den Finanzmärkten entgegenstellt. Nur so können wir das Vertrauen zurückgewinnen, dass durch die Orientierungslosigkeit der Regierung von Angela Merkel leichtfertig verspielt wurde.

Diese und weitere Themen habe ich in diesem Infodienst zusammen gefasst.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

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1. Weitere Schritte zur Lösung der Schuldenkrise im Euro-Raum
2. Standortentscheidungen – Gravierende Auswirkungen für die Truppe, die Kommunen und Gemeinden
3. Internet für alle, Netzneutralität sichern
4. Änderung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts
5. Abschluss der Wahlen zum Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion

Weitere Schritte zur Lösung der Schuldenkrise im Euro-Raum

Kurz vor Beginn des Europäischen-Gipfels in Brüssel am 26. Oktober hat Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung abgegeben. Darin hat die Kanzlerin das Parlament über die nächsten möglichen Schritte zur Stabilisierung des Euro informiert. In der gleichen Sitzung wurden die insgesamt neun Mitglieder für ein Sondergremium gewählt, das sich künftig mit den Maßnahmen zur Euro-Stabilisierung befassen soll.

In der Aussprache stimmte die SPD-Fraktion einem gemeinsamen Entschließungsantrag von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen zu. In dem Antrag werden die Instrumente und Schritte dargelegt, für die sich die Bundesregierung zur Rettung des Euro einsetzen sollte. Mit diesem Mandat konnte Angela Merkel am Mittwoch Abend nach Brüssel zu den nächsten Verhandlungen reisen. Es finden sich darin auch wesentliche Kernforderungen der SPD-Fraktion wieder.

So ist es der SPD zu verdanken, dass die großen Banken aufgefordert werden, sich in eigener Verantwortung zu rekapitalisieren. Das bedeutet, dass sie ihre Finanzstruktur ändern und vor allem stabiler gestalten müssen. Insbesondere geht auf das Konto der Sozialdemokraten auch der Punkt, dass die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Finanztransaktionssteuer direkt nach dem G20-Gipfel Anfang November 2011 in den Gremien der EU entschieden werden sollen. Insbesondere die FDP hat das vor drei Wochen noch rigoros abgelehnt.

Ergebnisse der Sitzung des Europäischen Rates vom 26. Oktober
In der Nacht zum 27. wurden folgende konkrete Ergebnisse vom Europäischen Rat erzielt:

Schuldenschnitt für Griechenland: Nach schwierigen Verhandlungen hat sich der EU-Gipfel mit den privaten Gläubigern auf einen Schuldenschnitt von 50 Prozent geeinigt. Griechenland muss damit nur die Hälfte seiner Verbindlichkeiten zurückzahlen. Damit werden Banken und Versicherungen stärker am neuen Griechenland-Paket beteiligt als bisher geplant.

Zweites Hilfspaket für Griechenland: Griechenland wird ein neues Hilfspaket von 100 Milliarden Euro bekommen. Es soll bis Jahresende endgültig ausverhandelt sein.

Erweiterter EFSF-Rettungsschirm mit zwei Hebel-Varianten: Der Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanz-Stabilisierungs-Fazilität) wird mit einem sogenannten Hebel auf eine Billion Euro vervielfacht. Dabei kommen zwei Varianten des Hebels parallel zum Einsatz: Einerseits bietet die EFSF eine Art Teilkaskoversicherung auf frische Anleihen von Schuldenstaaten. Bei einem Zahlungsausfall übernimmt damit der Rettungsschirm einen Teil des Risikos privater Anleger. Zudem soll ein neuer Sondertopf geschaffen werden, an dem sich der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt. Dieser Fonds investiert in Anleihen, die die EFSF ebenfalls zum Teil absichert.

Banken sollen solider werden: Europas Großbanken sollen ihr Eigenkapital aufstocken und künftig neun Prozent Kernkapital vorhalten, um den Ausfall von Anleihen aus Euro-Problemländern abfedern zu können.

Aufgaben für Spanien: Spanien muss weitere Maßnahmen zur Konsolidierung seiner Finanzen ergreifen. Die spanische Regierung soll die Wirtschaft ankurbeln und die hohe Arbeitslosigkeit abbauen. Auch sollten die Tarifverträge flexibler gestaltet werden und die Unternehmen wettbewerbsfähiger wirtschaften.

Italien: Um die Situation in Italien zu stabilisieren hat Staatschef Silvio Berlusconi angekündigt, dass von 2026 an Männer und Frauen in Italien mit 67 Jahren in Rente gehen sollen. Außerdem soll für fünf Milliarden Euro pro Jahr Staatseigentum privatisiert werden.

Über die Ergebnisse des Gipfels wird der Deutsche Bundestag in der nächsten Sitzungswoche beraten.

Was bedeutet „Hebeln“?
Das Stichwort „Hebel“ steht für einen Mechanismus, der auch als Versicherungslösung bezeichnet werden kann. In diesem Modell sollen die Mittel der EFSF dafür eingesetzt werden, einen Teil des Risikos für die Käufer von Staatsanleihen (also Wertpapieren, zum Beispiel von Frankreich oder Spanien) “zu versichern”. Dabei stand immer eine Größenordnung von 20 Prozent im Raum. Kurz gesagt, würde das bedeuten, dass die EFSF bei einem Schuldenerlass bzw. bei einem Zahlungsausfall den Investoren die ersten 20 Prozent ihrer Verluste absichert. Es ist das Prinzip einer Teilkaskoversicherung. Für private Investoren sinkt dadurch das Risiko. Dies soll dazu führen, dass das Vertrauen in Europäische Staatsanleihen steigt und diese auch gekauft werden. Damit könnte die EFSF ihre Mittel vervielfachen – also „hebeln“.

Im Kern gibt es zwei Einwände gegen dieses Modell. Zu einen, ob es für Investoren attraktiv ist, Staatsanleihen zu kaufen, wenn ihnen im schlimmsten Fall lediglich 20 Prozent Fall garantiert werden. Zum anderen die Frage, ob sich durch die Hebelung das Ausfallrisiko erhöhe. Genauer gesagt: Deutschland würde weiterhin ‘nur’ mit 211 Mrd. Euro haften, aber – so die Befürchtung – wenn nun mit höheren Summen operiert werde, steige auch das Risiko, dass es zu Ausfällen komme, also die Wahrscheinlichkeit, dass die 211 Mrd. auch tatsächlich in Anspruch genommen werden müssten.

Weitere Informationen und Erklärungen zum EFSF und ESM können in einem der letzten Infodienste nachgelesen werden:
https://www.oliver-kaczmarek.de/2011/09/verantwortung-fur-europa-–-euro-rettungsschirm-efsf-starken

Den gemeinsame Entschließungsantrag von CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne finden Sie unter: http://dip.bundestag.de/btd/17/075/1707500.pdf

Der Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion kann hier herunter geladen werden: http://dip.bundestag.de/btd/17/074/1707457.pdf

Standortentscheidungen – Gravierende Auswirkungen für die Truppe, die Kommunen und Gemeinden

Das Bundesverteidigungsministerium hat in dieser Woche bekanntgegeben welche Bundeswehrstandorte im Zuge der Strukturreform geschlossen werden müssen. Das Ergebnis: Es werden 31 Standorte geschlossen und an weiteren 90 wird signifikant Personal abgebaut.

Die Glückauf Kaserne Unna-Königsborn bleibt trotz harter Einschnitte erhalten

Die gute Nachricht der Woche lautet: der Bundeswehrstandort Unna bleibt für die Region, die Soldatinnen und Soldaten sowie für die Zivilbeschäftigen erhalten. Diese Entscheidung belohnt auch das beispielhafte Engagement zahlreicher Menschen für die Glückauf-Kaserne. Bundeswehrangehörige, Zivilbeschäftige, die Gewerkschaft ver.di, der Freundeskreis der Glückauf-Kaserne und die lokalen politischen Akteure haben sich gemeinsam stark gemacht. Dafür danke ich allen sehr herzlich und drücke meinen Respekt für das Engagement aus. Dieses Engagement macht die tiefe gesellschaftliche Verankerung der Bundeswehr im Kreis Unna deutlich.

Entscheidend ist, dass das Logistik- bzw. Versorgungsbataillon 7 als Struktur in Unna verbleibt. Gleichwohl bedeutet die Reduzierung von 1.100 auf 630 Dienstposten einen tiefen Einschnitt mit persönlichen Belastungen. Das Verteidigungsministerium ist nun gefordert, diese Reduzierung mit größtmöglicher Sorgfalt und Rücksicht umzusetzen. Als der für Unna und Kamen direkt gewählte Bundestagsabgeordnete will ich diesen Prozess, soweit es mir möglich ist, persönlich begleiten.