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Entscheidungen für Europa – Zur Sitzungswoche vom 25.-29.06.2012

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Zu später Stunde hat der Bundestag am Freitag ein Paket verabschiedet, mit dem Deutschland internationalen Vereinbarungen nachkommt und die Finanzmarktkrise einzudämmen versucht. Eine Entscheidung, die sich kein Abgeordneter leicht gemacht hat, da hier substanzielle Fragen von Demokratie und Entschlossenheit gegen die Finanzmarktkrise betroffen waren. Die Inhalte des Paketes aus Europäischem Stabilitätsmechanismus, Finanztransaktionssteuer, Wachstumsprogrammen für Europa sowie Fiskalvertrag habe ich in diesem Info-Dienst beschrieben. Meine Erwägung, trotz Licht aber auch Schatten diesem Paket im Bundestag meine Zustimmung zu geben, habe ich in einem ausführlichen Artikel auf meiner Internetseite beschrieben. Die Debatten werden damit nicht beendet sein, wie mir nicht nur die vielen Zuschriften zeigen, die ich in den nächsten Tagen alle beantworten werde. Grundlegende Fragen müssen weiter diskutiert und entschieden werden, darunter: Wie können die Spekulationen weiter gebändigt und die Finanzmärkte auf ihre eigentliche Funktion konzentriert werden? Wie schaffen wir Zukunftsperspektiven und Arbeit in Europa? Wie halten wir unseren Wohlstand und was heißt das für die Zukunft Europas? Für mich ist klar: die Angriffe auf unsere gemeinsame Währung können wir nur mit mehr Europa und mehr Verbindlichkeit der Staaten erreichen. Ein Zurück in die Nationalstaaterei ist in der globalisierten Weltwirtschaft nicht mehr möglich.

In der vorletzen Woche habe ich meine zweite Innovationstour durch den Wahlkreis gemacht. Unter dem Motto „Lust auf was Neues?!“ habe ich Menschen aufgesucht, die Innovation ermöglichen, weil sie vorweg gehen. In Gesprächen und Betriebsbesichtigungen mit den Schwerpunktthemen „Arbeit für Menschen mit Behinderungen“, „Frauen in Führungspositionen“, „Handwerk und energetische Gebäudesanierung“ habe ich den Kreis Unna als Innovationsstandort erkundet und Handlungsempfehlungen für die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik mitgenommen.

Nun stehen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien an. Direkt im Anschluss starte ich wie jeden Spätsommer meine Markttour durch den Kreis Unna (22. August – 1. September). Die genauen Termine können Sie rechtzeitig der Presse und meiner Homepage entnehmen. Ende September steht dann auch schon die Nominierung meiner Partei für die nächste Bundestagswahl an, für die ich motiviert und engagiert kandidiere.

Erfreuliches gibt es auch für meinen bisherigen Betreuungswahlkreis zu berichten. Der Kreis Soest hat seit dieser Woche wieder einen SPD-Bundestagsabgeordneten. Der ehemalige Unterbezirksgeschäftsführer Wolfgang Hellmich vertritt nun unmittelbar die Interessen der Soester Bürgerinnen und Bürger. Ich wünsche ihm für die Ausübung seines Mandats viel Glück und Erfolg. Sobald Wolfgang Hellmich seine Arbeitsstrukturen in Berlin und Soest aufgebaut hat, wird er für seinen Wahlkreis direkt Informationen aus Berlin anbieten. Ich bedanke mich für die vielfältigen und interessanten Kontakte in den Kreis Soest.  Meinen Infodienst können Sie gerne auch weiterhin über meine Homepage abonnieren. Für den Kreis Unna ändert sich nichts.

Die Themen dieser Sitzungswoche habe ich im folgenden Infodienst für Sie zusammen gefasst. Der Deutsche Bundestag wird in der Sommerpause voraussichtlich zu zwei Sondersitzungen zusammen kommen, über die ich Sie dann ebenfalls informieren werde. Die nächste reguläre Sitzungswoche des Deutschen Bundestages beginnt am 10. September 2012. Über meine Aktivitäten im Wahlkreis können Sie sich auf meiner Homepage www.oliver-kaczmarek.de informieren.

Ich wünsche Ihnen allen schöne Sommerferien und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Oliver Kaczmarek

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Die Themen:
1. ESM und Fiskalpakt: Notbremse gegen die Krise der Finanzmärkte
2. Pflegereform durchführen
3. Schüler-Bafög einführen
4. Gleichgeschlechtliche Ehen ermöglichen
5. Verlängerung des UNIFIL-Mandates

Erste Lesung zu Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm

In dieser Woche begannen die Verhandlungen zwischen Regierungskoalition und Opposition über den sogenannten europäischen Fiskalpakt. Um künftige Finanzkrisen in der Europäischen Union zu vermeiden, soll der Fiskalpakt (Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion) die Haushaltsdisziplin und die politische Zusammenarbeit in der Wirtschaftspolitik  stärken. Die 17 Euro-Länder und neun weitere EU-Staaten wollen mit dem Fiskalpakt strengere Haushaltsregeln beschließen.

Um den Vertrag in Deutschland zu ratifizieren, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag. Die notwendige Mehrheit wird also nur zustande kommen, wenn große Teile der Opposition für eine Unterstützung gewonnen werden. Die SPD-Fraktion will, dass so schnell wie möglich eine Einigung erzielt wird, aber wir nehmen uns die Zeit, so ruhig und seriös wie nötig zu beraten. Verfassungsrechtliche Fragen über die Auswirkungen des Fiskalpaktes auf Bund und Ländern bleiben, und die Bundesregierung hat die Pflicht, an der Aufklärung dieser Fragen mitzuwirken.

Am Donnerstag wurde erstmals über die Verträge zum europäischen Fiskalpakt und zur Einrichtung und Finanzierung des ständigen Euro-Rettungsschirm (ESM) im Plenum des Deutschen Bundestags diskutiert. Die SPD-Bundestagsfraktion hat  vor allem zwei Forderungen in die Debatte eingebracht:

Sparen allein reicht nicht – Ein Wachstumsprogramm für Europa

Ein Reformprozess kann nicht nur auf Haushaltskürzungen beruhen. Die Wirtschaft in Griechenland ist zusammengebrochen So etwas schürt Unmut und kann zu politischer Instabilität führen. Zudem brechen die Steuereinnahmen weg, was die Haushaltslage in den Ländern weiter verschärft. Der von der Bundesregierung verfolgte Ansatz, mit immer neuen Sparbemühungen aus der Krise zu kommen, kann nicht funktionieren, weil Griechenland so nicht in die Lage kommt, aus eigener Kraft für Wachstum zu sorgen und die Kredite an die Staatengemeinschaft zurückzahlen zu können.

Neben den klar notwendigen Anpassungsmaßnahmen und Reformen in den Krisenländern Europas muss diesen Staaten und den Menschen dort eine Wachstumsperspektive eröffnet werden. Die SPD-Fraktion hat schon früh einen Strategiewechsel eingefordert. Unsere Forderung nach einem Programm für den industriellen Wiederaufbau in Europa, auch in Griechenland und anderen südeuropäischen Staaten, ist kein Ersatz für eine Spar- und Reformpolitik. Ein solcher Aufbauplan ist eine zwingend notwendige Ergänzung und Voraussetzung, um den Erfolg von Spar- und Reformbemühungen überhaupt erst möglich zu machen.

Die Finanzmärkt an den Kosten beteiligen – Einführung einer Finanztransaktionssteuer

Umfassende Investitionen  brauchen eine Einnahmequelle, damit die Staaten nicht in die nächste Verschuldungsspirale eintreten. Diese Einnahmequelle ist die Finanztransaktionssteuer. Sie ist gerecht, weil sie die Finanzmärkte angemessen an den Kosten einer Krise beteiligt, die von den Finanzmärkten ganz wesentlich ausgegangen ist. Zielgruppe sind also Banken, Hedgefonds, Devisenspekulanten oder Wertpapierhändler, die vornehmlich am kurzfristigen Profit interessiert sind. Das Wiener Wirtschaftsforschungsinstitut hat berechnet, dass allein Deutschland bei einem Steuersatz von 0,05 Prozent zwischen 10 und 20 Milliarden Euro jährlich einnehmen könnte. Diese Einnahmen könnten in Bildung, Forschung und Entwicklung sowie in die Konsolidierung der Staatsfinanzen investiert werden.

Mitglieder der Europäischen Kommission und verschiedene Europäische Regierungschefs, wie der französische Präsident Nicolas Sarkozy, haben sich bereits für eine Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Auch in der Bundesregierung war von Finanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Bereitschaft zur Einführung einer solchen Steuer zu vernehmen. Der Blockierer bleibt die FDP. Sie meint weiterhin ihre Klientel schützen zu müssen und versteckt sich hinter dem Argument, dass diese Steuer nur Sinn mache, wenn sie weltweit oder zumindest in ganz Europa eingeführt würde. Dabei schaut aktuell ganz Europa auf Deutschland. Wir sind jetzt aufgefordert, den ersten Schritt zu tun. Wenn die anderen Staaten erkennen, welche Vorteile diese Steuer hat, werden sie nachziehen. Deswegen plädieren wir dafür, mit einer Koalition der Willigen voran zu gehen und die Steuer endlich einzuführen.

Kernpunkte des Fiskalpakts

Schuldenbremse und Schuldenabbau: Angestrebt werden nahezu ausgeglichene Haushalte. Das jährliche Staatsdefizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen. Das ist weniger streng als die Schuldenbremse für den Bund, die in Normalzeiten ab 2016 bei 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen darf. Kontrovers bleibt, dass Deutschland eigentlich auf einer Verankerung der Schuldenbremse in den jeweiligen Verfassungen gepocht hatte. Dies ist aber besonders für Länder mit angelsächsischem Rechtssystem schwierig. Also steht im jetzigen Vertrag nur noch, dass die Schuldenbremse eingeführt werden soll, nicht aber, dass sie in der Verfassung verankert werden muss.

Defizitverfahren: Wird die Obergrenze bei der Neuverschuldung verletzt, soll das sogenannte Defizitverfahren automatisch ausgelöst werden. Das bedeutet: Ein Staat kann nicht mehr einfach das Ziel verletzen, ohne dass jemand protestiert und Maßnahmen eingeleitet werden. Nur eine qualifizierte Mehrheit – das sind etwa 60 oder 70 Prozent der Unterzeichner des Fiskalpakts – kann verhindern, dass ein Defizitverfahren eingeleitet wird.

Sanktionen: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll überprüfen, ob die Staaten die Schuldenbremse und die Defizitregeln umsetzen. Nach dem jüngsten Vertragsentwurf kann das Gericht ansonsten Geldstrafen verhängen.

Inkrafttreten: Der Pakt soll spätestens Anfang 2013 in Kraft treten, sofern bis dahin zwölf Euro-Länder den Text ratifiziert haben. Innerhalb einer Frist von maximal fünf Jahren soll der Pakt in den EU-Vertrag integriert werden.

Verknüpfung mit dem Europäischen Rettungsschirm: Wie von Deutschland gefordert, soll der Fiskalpakt mit dem im Juli startenden dauerhaften Europäischen Rettungsschirm ESM (Europäischer Stabilitäts-Mechanismus) verknüpft werden. ESM-Hilfen sollen also nur die Euro-Länder erhalten, die auch den neuen Fiskalpakt unterzeichnet haben.