Einblick in den Pflegealltag des Lebenszentrums

Oliver Kaczmarek im Gespräch mit Dr. Karin Hameister, Chefärztin der Fachklinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie im Lebenszentrum Königsborn.
In Folge des demografischen Wandels gibt es zwar immer weniger Kinder, gleichwohl steigt die Zahl der Kinder mit Verhaltensproblemen. Eine Feststellung, die auch Dr. Karin Hameister, Chefärztin der Fachklinik für Kinderneurologie und Sozialpädiatrie macht. Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, psychischer Stress, seelische Probleme, Traumata – Kinder und Jugendliche litten unter vielfältigen Belastungen, erklärte die Ärztin im Gespräch mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek.
Der Politiker war am Mittwoch, 22. Oktober, im Lebenszentrum zu Gast, um einen Einblick in den Alltag des großen Hauses zu bekommen, sich ein Bild zu machen von den Arbeitsabläufen in den verschiedenen Einrichtungen und mit Ärzten, Mitarbeitern und Verwaltungspersonal ins Gespräch zu kommen.
Dr. Karin Hameister hob vor allem die gute Zusammenarbeit mit den Kinder- und Jugendhilfeberatungsstellen der Kommunen, mit Familienzentren, Schulen und Kitas im Kreis hervor. Die Vernetzung sei wichtig, so die Medizinerin. Denn je früher ein „schwieriges“ Kind behandelt werde, desto besser sei der Therapieerfolg.
Die Fachklinik, in der neben verhaltensauffälligen Kindern auch junge Menschen unter anderem mit geistigen Behinderungen, Mehrfachbehinderungen oder genetischen Erkrankungen behandelt werden, ist aber nur ein Teil des Lebenszentrums. Das Haus an der Friedrich-Ebert-Straße besteht aus insgesamt sechs Bereichen, von denen Oliver Kaczmarek die Kindertagesstätte, die Lebensarche sowie das Haus Königsborn besuchte.
Die Kita Königsborn, die früher eine rein heilpädagogische Einrichtung war, betreut heute 125 Kinder in drei heilpädagogischen Gruppen, vier Inklusionsgruppen, einer Regelgruppe sowie sechs Plätzen für Kinder unter drei Jahren. Neben dem Hauptstandort Königsborn gibt es zwei weitere Kindertagesstätten mit wohnortnaher Betreuung für Kinder mit heilpädagogischem Förderbedarf: In der „Kita Geistervilla“ in Lünen und der Kita in Schwerte wurde je eine heilpädagogische Gruppe eingegliedert. Eine weitere Dependance, erklärt Verbundleiterin Anne Rodemann, plane man in Bergkamen. Auch Rodemann spricht von dem drängenden Problem der wachsenden Zahl schwieriger Kinder. „Immer mehr Kollegen aus den Regelkindergärten wenden sich an uns“, sagt die Diplom Sozialpädagogin.

In der Kita Königsborn werden unter anderem Gewichtsdecken eingesetzt, die nach Auskunft von Anne Rodemann bei den Kindern ein erhöhtes Körperbewusstsein schaffen.
Nächste Station beim Praxistag des Bundestagsabgeordneten war die Lebensarche Königsborn, in der rund 60 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit schwersten Mehrfachbehinderungen betreut werden. Ähnlich wie in Familien leben die Bewohner in Gruppen mit maximal zehn Personen – begleitet und gefördert von einem Team aus Erziehern, Kinderkrankenpflegern, Heilerziehungspflegern, Ärzten und Therapeuten. Zuletzt besuchte Kaczmarek das Haus Königsborn, eine Einrichtung für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen, also Menschen im Wachkoma und in Rückbildungsphasen. Haus Königsborn ist ein Modellprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen und startete im Juli 1997 mit zwölf Plätzen. Inzwischen gibt es in der vollstationären Wohn-, Therapie- und Pflegeeinrichtung 54 Plätze. Die Einrichtung besteht aus drei Wohnbereichen, in denen jeweils 13 Bewohner in fünf Einzel- und vier Doppelzimmern leben. Darüber hinaus gibt es fünf Wohnungen mit jeweils drei Bewohnern in einer Wohngemeinschaft.
„Ich bin dankbar, einen so intensiven Einblick in den Alltag des Lebenszentrums bekommen zu haben“, erklärte Oliver Kaczmarek am Ende der Hospitation. „Die Gespräche und die Begleitung des Personals bei der Arbeit haben mir verdeutlicht, wie hoch die zu bewältigenden Anforderungen in der Einrichtung sind und dass es hier um mehr geht, als die medizinische, pädagogische, pflegerische und therapeutische Betreuung. Die Mitarbeiter versuchen nicht nur, die Lebensqualität der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zu verbessern, ihre Fähigkeiten und ihre größtmögliche Selbstständigkeit zu fördern. Sie schaffen auch gemeinsam eine menschliche Atmosphäre. Das Lebenszentrum Königsborn zeigt, dass Inklusion viele Facetten hat und wir neben der wichtigen und notwendigen Debatte über die Orte des Zusammenlebens zwischen Menschen mit und ohne Behinderung auch darüber reden müssen, welche Orte der Spezialisierung und des Rückzugs sinnvoll und teils auch notwendig sind.“