Welche Panne ist die nächste? – Sitzungswoche in Berlin
Nach der ereignisreichen letzten Sitzungswoche kommt der Bundestag in dieser Woche erneut in Berlin zusammen. Und die schwarz-gelbe Pannenregierung muss versuchen, eine neue Pannenserie zu vermeiden.
Die vergangene Woche wurde von den neuesten Erkenntnissen über den Luftangriff am 4.9.2009 in der Nähe der afghanischen Stadt Kundus geprägt, bei dem 142 Menschen ums Leben kamen. Bislang hat der ehemalige Verteidigungsminister Franz-Josef Jung immer wieder behauptet, dass es bei dem Angriff keine zivilen Opfer gegeben habe und ausschließlich Taliban-Kämpfer zu Tode gekommen seien. Nachdem die Bild-Zeitung am Donnerstag ein Video und weitere Details über den Vorfall berichtete, war klar, dass Jung, der bis zuletzt von der Kanzlerin in seiner Haltung bestärkt worden war, dem Parlament (wissentlich oder schlicht aus Schlamperei) Informationen vorenthalten hat. Einen Bericht, aus dem hervorging, dass auch Zivilisten unter den Opfern seien, hat er nach eigener Aussage ungelesen weiter geleitet. Für sein untragbares Informationsmanagement musste Jung zu Recht den Hut nehmen. Er ist damit einer monatelangen Hängepartie zuvor gekommen. Allerdings wird die Regierung nicht um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss herum kommen, denn zumindest zwei Fragen sind noch nicht geklärt: wie konnte der neue Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) noch vor wenigen Tagen und in Kenntnis der Fakten zu einer Bewertung des Angriffs gekommen, nach der es keinen Anlass zur Kritik gegeben hätte? Und die Bundeskanzlerin muss erklären, warum sie so lange an Jung festgehalten hat, ob sie geglaubt hat, dass er auf dem Posten des Arbeitsministers passend abgestellt werden konnte und ob das Bundeskanzleramt von allen Vorgängen und Berichten wirklich nichts wusste, was derzeit schwer zu glauben ist.
In dieser Sitzungswoche stehen nun weitere sehr wichtige Themen auf der Tagesordnung. Am Donnerstag wird der Bundestag über die Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr u.a. in Afghanistan entscheiden. Die SPD-Fraktion wird sich damit ausführlich in verschiedenen Diskussionsrunden befassen. Ich selbst werde jede Gelegenheit nutzen, mich als neuer Abgeordneter intensiv mit der Lage in Afghanistan zu beschäftigen. Dabei gilt für mich, dass das, was ich vor der Wahl gesagt habe, auch nach der Wahl gilt: ein bedingungsloser und sofortiger Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan wäre aus meiner Sicht unverantwortlich. Dennoch müssen Kriterien definiert werden, die ausreichend beschreiben, wann die afghanische Regierung aus eigener Kraft für Sicherheit im Land sorgen kann. Danach kann auch ein Abzugsdatum in Abstimmung mit der aghanischen Regierung bestimmt werden. Und sicher muss die Bundesregierung angesichts der neuen Erkenntnisse glaubhaft darlegen, dass solche Vorfälle wie der am 4.9.2009 einmalig bleiben und Regierung und Bundeswehr alles dafür tun, dass sich so etwas nicht wiederholt. Eine entsprechende Erklärung von Verteidigungsminister zu Guttenberg vor dem Parlament wäre angemessen.
Sowohl im Umweltausschuss als auch im Plenum des Bundestags wird der Weltklimagipfel der Vereinten Nationen in Kopenhagen vorbereitet. Die SPD-Fraktion wird dazu einen eigenen Antrag einbringen, der klare und rechtsverbindliche Kriterien für die Reduzierung der Treibhausgasemmissionen formuliert und zudem den Entwicklungsländern bei der Einhaltung der Klimaziele wirksame finanzielle Unterstütztung durch die Industrienationen zusagt. Ein weiteres Thema im Plenum wird am Freitag die 2. und 3. Lesung des Regierungsentwurfs für das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sein. Dieses Gesetz, mit dem die öffentlichen Haushalte Verluste in Milliardenhöhe zu verkraften haben werden, wird insbesondere die Kommunen noch einmal zusätzlich in Bedrängnis bringen. Einige CDU-geführte Bundesländer haben schon signalisiert, dass sie dem Gesetz im Bundesrat deshalb nicht zustimmen würden. Es bleibt also spannend, wie die Pannenregierung durch dieses Problem hindurch kommt und ob sich Schwarz und Gelb, wenn es zum ersten mal richtig darauf ankommt, auf einen gemeinsamen Nenner verständigen können.